Alternative Randoriformen

Liebe Judoka,

in letzter Zeit beobachte ich, dass im Techniktraining vieler Athleten zwar sehr ordentlich durchgeworfen wird und auch versucht wird, das ganze im Randori umzusetzen, aber ich glaube dazwischen passiert zu wenig.

Wir unterscheiden grundsätzlich drei unterschiedliche Arten von Techniktraining:

1. Das Technikerwerbstraining.

Technikerwerbstraining bedeutet, erlernen und Verfeinern der gesamten Bewegung unter geschlossenen, d.h. bekannten vorhersehbaren Bedingungen. „Ich weiß immer was mein kooperativer Partner macht". Da ist unser Haupttrainingsmittel das klassische Durchwerfen – Nage-komi - unter zwar situativen, aber standardisierten Bedingungen.

2. Das technische Ergänzungstraining

Das technische Ergänzungstraining dient der Verfeinerung einzelner Technikelemente oder Teilbewegungen. Es kann auch das Schaffen von speziellen konditionellen oder koordinativen Voraussetzungen sein. Hier kennen wir zum Beispiel Tandoku-renshu oder Uchi-komi.

3. Das Technikanwendungstraining

Das Technikanwendungstraining, die meiner Meinung nach wichtigste Form des Techniktrainings, findet immer unter offenen Bedingungen statt. Das bedeutet, das man entweder mit einem nicht kooperativem Partner arbeitet, oder die Situationen vom Partner bewusst offen gestaltet werden, ohne das Tori weiß, was passiert. Natürlich wird dies im Randori verwirklicht, aber diese höchste Stufe des Technikanwendungstrainings ist für viele schon zu schwer, um ihre Techniken wirklich zu verbessern.

Ich möchte in diesem Artikel Übungsformen des Technikanwendungstrainings vorstellen, in denen gerade dieser offene situative Aspekt in den Vordergrund gestellt wird. Wir werden mit Auswahlreaktionen, Griffkampfsituationen, Zeitdruck und vielem mehr arbeiten.

Zeitdruck - Randori

Aus relativ offener Anwendungssituation versucht Tori den Partner aus freier Bewegung zu werfen. Dabei darf nicht um den Griff gekämpft und auch nicht mit den Armen blockiert werden. In der ersten Stufe darf Uke die Wurftechniken Toris lediglich durch Ausweichen verhindern. Das Ganze geschieht unter Zeitdruck. Tori darf 30 Sekunden Angreifen und werfen, Uke verteidigt nur durch Ausweichen, dann werden die Rollen getauscht. Insgesamt dauert eine Serie 3 Minuten, jeder kommt also sechsmal dran. Anschließend werden die Partner gewechselt und es beginnt von vorne.

 

In der zweiten Stufe darf Uke, zusätzlich zum Ausweichen, mit den Füßen störend hakeln oder fegen. Dadurch wird die Aufgabe noch schwieriger. Die Zeiteinteilung bleibt gleich.

In der dritten Stufe verteidigt Uke nur durch blocken mit der Hüfte oder Absenken des Körperschwerpunktes. Das Ganze geschieht immer noch unter Zeitdruck.

 

Noch schwieriger wird es, wenn Uke nicht nur Blocken, sondern auch kontern darf. Das wichtigste bei all diesen Aufgabenstellungen ist, dass die Rollen klar verteilt sind und diese Vereinbarungen auch eingehalten werden!

 

Griffkampf – Randori

Damit der Kampf um den optimalen individuellen Griff verbessert wird, bieten wir Griffkampf - Randori als alternative Randoriform an. Tori sagt Uke, welche Fassart er durchzusetzen plant. Uke verhindert dies zunächst mit maximaler Intensität, die aber langsam, dosiert reduziert wird und Lösungsmöglichkeiten zulässt. Sobald Tori seinen Griff durchgesetzt hat muss er direkt werfen. Dabei wird gegen die Wurftechnik nicht mehr verteidigt. Es soll aus demselben Griff mit möglichst unterschiedlichen Wurftechniken aus dem eigenen Handlungskomplex geworfen werden. Das Ganze geschieht unter Zeitdruck. Nach drei erfolgreichen Lösungen werden die Rollen von Tori und Uke getauscht.

Zu dem Thema Griffkampf und Entwicklung von Griffkraft empfehle ich nochmals in die Ausgaben 5/01-12/01 des Judo Magazins zu schauen.

 

Fehler - Randori

Tori und Uke machen ein relativ lockeres Randori. Uke macht wahllos während dieses Randori absichtlich Fehler. Tori muss diese „Fehler" möglichst schnell erkennen und adäquat reagieren. Erkennt Tori die Fehler nicht oder zu spät, wird er von Uke darauf hingewiesen und Uke darf Tori werfen. Mögliche Fehler sind zum Beispiel:

  • extremer Druck in eine Richtung
  • extremer Zug in eine Richtung
  • überkreuzende Schritte
  • große Schritte nach vorne, nach hinten  oder zur Seite
  • oder andere….

So, jetzt seid Ihr aufgefordert weitere individuelle Formen des Aufgabenrandori zu finden und auszuprobieren.

Viel Spaß wünscht
Frank Wieneke